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Hansi und Elisabeth Klasen in Lathen an der Arbeit.

Hansi und Elisabeth Klasen in Lathen an der Arbeit.

Papenburg. Die Kneipen im nördlichen Emsland sind Kulturgut. Hier werden Freundschaften geschlossen, Neuigkeiten ausgetauscht und sich auch mal die Meinung gesagt. EZ-Redaktionsleiter Stefan Prinz und Fotograf Werner Scholz haben an einem Abend fünf Kneipen in Herbrum, Tunxdorf, Düthe, Ahlen und Lathen besucht – und tolle Menschen kennengelernt.

Die Lathener Gaststätte Klasen gibt es schon eine gefühlte Ewigkeit. Vor mehr als 100 Jahren haben die Großeltern der heutigen Wirte-Geschwister Elisabeth und Hans das schmucke Haus an den Bahngleisen in der Ortsmitte gekauft. Früher war gleich nebenan die Viehwaage. Dort wurden Kühe und Schweine gewogen und dann per Eisenbahn direkt ins Ruhrgebiet gebracht. Die Lathener Bauern haben dann das Geschäft meistens gleich nebenan in der Kneipe begossen“, sagt Wirt Hans Klasen. „Früher war das hier mehr eine Schnapskneipe – heute wird dagegen mehr Bier getrunken.“ In der kleinen Kellerkneipe, deren Einrichtung großteils noch aus den 1930-Jahren stammt, ist es urgemütlich. Einmal in der Woche treffen sich Freunde von Wolfgang Veenker hier zur Seniorendisco. „Wir hören alle gerne Oldies“, sagt Veenker, der schon in seiner Bundeswehrzeit vor 30 Jahren sein Bier am liebsten bei Klasen getrunken hat. „Freitags, wenn in den Kasernen auf dem Hümmling Dienstschluss gewesen ist, war hier richtig was los.“ Dann besetzten Dutzende Soldaten die Theke und stießen auf das Wochenende an.

Wenn donnerstags Seniorendisco ist, dann ist auch der Holländer Henk Hoorndijk dabei. Er hat in Lathen seine neue Heimat gefunden. Henk spielte vor Jahrzehnten mit den legendären „Blue Diamonds“, die mit dem Hit „Ramona“ weltbekannt wurden. Henk singt hier nicht nur gerne die Oldies aus dem Radio gerne mit, sondern mag auch die Preise von Bier und Schnaps, die viel günstiger sind als in Holland. „Und wenn der „Mond von Wanne-Eickel“ angestimmt wird, dann singt das ganze Lokal mit. Gerne wird die urige Kneipe auch von Neubürgern aufgesucht, weiß Stammgast Günther Tieke.

Eine besonders geschmackvoll eingerichtete Kneipe erwartet die Besucher in der Düther Gaststätte „Zur Schleuse“. Dort haben die beiden Holländer Marco van Middendorp und Remon van Essen vor vier Jahren die Gaststättentradition des Gebäudes wieder zum Leben erweckt. Denn schon viele Jahrzehnte zuvor ist das Haus an der Schleuse eine beliebte Raststation für Schiffer gewesen, die dann in dem kleinen Laden neben der Gastwirtschaft auch noch ihre Einkäufe erledigt haben.

Marco und Remon haben die Kneipe aus ihrem Dornröschenschlaf erweckt und bieten einige Besonderheiten. „Hier gibt es das einzige Texel-Bier im Emsland“ schmunzelt Marco. Die Theke stammt von einer niederländischen Polizeischule. Die Gäste finden es so gemütlich, dass einige jedes Wochenende aus dem Ruhrgebiet nach Düthe fahren, um eine der 24 Biersorten zu trinken.

Die beste und älteste Kneipe in Tunxdorf ist die Kneipe Hebbelmann. Bereits in der vierten Generation wird das Gasthaus von der Familie geführt. Irgendwie könnte man Tunxdorfs einzige

Kultwirt Ludwig Hebbelmnann in Tunxdorf.

Kultwirt Ludwig Hebbelmnann in Tunxdorf.

Kneipe auch als Sportlerkneipe bezeichnen. Denn 1975 wurde hier der örtliche Sportverein gegründet. Außerdem hält der Schützenverein in dem urigen Versammlungsraum neben der Theke regelmäßig seine Hauptversammlungen ab. In Tunxdorf bezeichnet man die Gastwirtschaft, die von Ludwig Hebbelmann schon seit mehr als 40 Jahren geführt wird, liebevoll als Kultkneipe. Ein Originaldokument aus dem Jahr 1869 hat die Familie aufbewahrt. In diesem historischen Schriftstück wird der Anfang der Gastwirtschaft dokumentiert. Der Wirte-Nachwuchs für die Tunxdorfer Kneipe ist aber offensichtlich gesichert. Denn wenn Wirt Ludwig nicht im Schankraum steht, hilft auch schon mal seine Schwiegertochter aus. Sogar die Enkel schauen dann zu.

Gemütlichkeit pur nach einem guten Bier bei Kroamers Jop in Ahlen: Karl Hans Harren, Stefan Prinz, Joseph „Jop“ Ganseforth, Rolf Schwenke, Otto Pieper-Cordes und Keerthi Pieper-Cordes (von links). Fotos: Werner Scholz

Gemütlichkeit pur nach einem guten Bier bei Kroamers Jop in Ahlen: Karl Hans Harren, Stefan Prinz, Joseph „Jop“ Ganseforth, Rolf Schwenke, Otto Pieper-Cordes und Keerthi Pieper-Cordes (von links). Fotos: Werner Scholz

Bei „Kraomers Jop“ in Ahlen, der Gastätte Ganseforth, gibt es den einzigen Samstagsstammtisch in der ganzen Gegend. Der „Sartres-Club“ ist seit Jahrzehnten so beliebt, dass Gäste aus Walchum, Steinbild, Ahlen und Dörpen in die Traditionskneipe kommen. Sowas gibt es nur hier“, lacht Karl Hans Harren, den Wirt Jop Ganseforth auch schon mal als „den halben Bürgermeister“ bezeichnet. „Ich bin nämlich der stellvertretende Bürgermeister“, sagt Harren mit einem Lachen. Der „Sartres-Club“ besteht schon seit mehr als 30 Jahren, das älteste Mitglied ist bereits über 90 Jahre alt. Natürlich gibt es nicht nur den Samstags-Stamtisch, sondern auch den traditionellen Frühschoppen am Sonntag nach der Kirche.

Kroamers Jop ist die einzige Kneipe in Ahlen und hat eine lange Tradition. Im Jahr 1841 wurde dort der erste Schnaps ausgeschenkt. Der älteste Pokal in der Vitrine stammt aus dem Jahr 1924. Bei Jop atmet einfach alles Traditon. Aus dem Schrank hinter der Theke zieht Jop ein Bild hervor,, das die Wirtschaft vor mehr als 100 Jahren zeigt. Zwischenzeitlich ist viel umgebaut worden. Ein großer Versammlungsraum wurde angebaut, vieles erneuert. Aber an der Gemütlichkeit hat sich in all den Generationen nichts geändert.

Bei Jop trifft sich das ganze Dorf. Dazu braucht es nicht unbedingt so ein großes Fest, wie vor 25 Jahren, als seine Tochter Annette deutsche Meisterin im Weitsprung wurde und das ganze Dorf ausgelassen feierte. Mit einem Cabrio wurde die junge Frau damals an der Seite des Bürgermeisters ins Dorf gebracht und Jop versorgte das Dorf mit Freibier. Die Bratwürste waren irgendwann alle“, erinnert sich der Senior schmunzelnd. Jop ist aber nicht nur Wirt, sondern auch Mitglied der Feuerwehr – so, wie fast jeder Ahlener. Seit 1961 ist er in der Feuerwehr und seitdem ist Kroamers Jup nach dem Brandlöschen auch für das Durstlöschen verantwortlich.

Goldfisch-Wirtin Margrit Bruns

Goldfisch-Wirtin Margrit Bruns

Wann die Geschichte der Gaststätte Goldfisch an der Bundesstraße 70 in Herbrum begonnen hat, weiß heute niemand mehr so genau. Sicher ist, dass die Anfänge der Traditionskneipe schon Jahrhunderte zurückliegen. Im Innern ist alles noch genauso urgemütlich, wie es schon in den vergangenen Jahrzehnten gewesen ist. „Wir fühlen uns sehr wohl hier“, sagen die Gäste an der Theke. Die Gastwirtschaft ist lange Zeit eng mit der Hengststation nebenan verbunden gewesen. Viele Jahre wurden hier die besten Hengste Niedersachsens untergestellt. Margrit Bruns ist eine der ganz wenigen Wirtinnen im nördlichen Emsland – und sicher eine der schönsten. Sie hatte die Kneipe aus Liebe zur Familientradition von den Eltern übernommen: „Ich wollte nicht, dass die Kneipe geschlossen wird.“ Bei den Bruns ist die Kneipe heute wieder Familiensache. Während Margit hinter der Theke zapft, plaudert ihr Ehemann vor der Theke mit den Gästen. Für die Gäste vom Campingplatz gegenüber gibt es von der Wirtin einen besonderen Service: „Wenn die schon ein paar Bier getrunken haben, bringen wir sie auch über die viel befahrene Straße. Das ist sicherer.“

 

Quelle: http://www.noz.de/lokales/papenburg/artikel/523006/ez-kneipentour-bei-hansi-singt-ein-schlagerstar