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Ein Bürgermeister, der Orgel spielt und den Kirchenchor leitet, und ein Verein ohne Vorsitzende – das gibt es wohl nur in Renkenberge.

Die Katholische Frauengemeinschaft sorgt seit mehr als 60 Jahren für Leben im Dorf: Frauenfrühstück, Fahrradtouren und Grillen sind nur einige ihrer jährlichen Programmpunkte. Seit Jahren benötigen sie dafür keine Vorsitzende, sondern werden von einem siebenköpfigen Führungsteam geleitet. Das funktioniert offensichtlich prima. Genauso einzigartig ist der Orgel spielende Bürgermeister Heinrich Bojer, der so ganz nebenbei auch noch den Kirchenchor leitet.

Historische Autos, restaurierte Traktoren und noch viel mehr bieten die Oldtimerfreunde Renkenberge. Anfang 2005 haben sich einige Oldtimer-Liebhaber zu dem Verein zusammengeschlossen.Seit seiner Gründung ist Thomas Wecke Vorsitzender. Wer mitmachen möchte, muss allerdings kein historisches Fahrzeug besitzen. „Es genügt schon, wenn man jemanden kennt, der einen Oldtimer hat“, sagt der Vereinschef mit einem Lachen.

Die Renkenberger Bücherei im Gemeindehaus ist der wohl wichtigste Ort für alle Leseratten im Dorf. Diese kleine, aber feine Buchleihstelle war die hundertste Bücherei im Emsland. Mittlerweile besteht die Einrichtung seit acht Jahren und erfreut sich insbesondere bei den Kindern der benachbarten Grundschule großer Beliebtheit. Gabriele Wessels und Heike Schmitz kümmern sich um das Ausleihen der Bücher.

Damit die Renkenberger Leseratten auch regelmäßig frischen Lesenachschub bekommen, tauscht die kleine Bücherei ihren Lesestoff regelmäßig mit der Bücherei der Samtgemeinde in Lathen.

Ein größeres Kompliment kann ein Pastor seiner Gemeinde nicht machen: „Die Zusammenarbeit zwischen Kirche und Gemeinde funktioniert in Renkenberge einfach fantastisch“, lobt Pastor Francis Sanjeevi. Die Wünsche würden im regelrecht von den Augen abgelesen.

Dieses gute Miteinander ist ganz besonders Küster Franz Brink zu verdanken. Seit 1985 kümmert er sich um alle kleinen und großen Angelegenheiten rund um die Renkenberger Kirche. „Dieser Küster ist besser als ein Priester“, sagt der Pastor anerkennend mit einem Lachen. Franz Brink kennt auch die Bezugsquelle des Renkenberger Messweins, des wohl besten Messweins des Emslandes. Vielleicht sind auch deshalb die Gottesdienste im Dorf so gut besucht.

Obwohl die Gemeinde Renkenberge mit ihren Ortsteilen Gutshof und Melstrup-Siedlung erst 80 Jahre alt ist, gibt es schon viele tolle Geschichten über den Ort. Was kaum jemand weiß: Die Amtskette des Emder Oberbürgermeisters wurde in einer Dachrinne in Renkenberge vor Plünderern versteckt und damit gerettet.

Die letzten Monate des Zweiten Weltkriegs waren auch in Renkenberge eine harte Zeit. Immer mehr Flüchtlinge mussten im Dorf untergebracht werden. Dazu zählten 1944 auch sechs Familien aus Emden, die ihre ausgebombte Stadt verlassen mussten. Der Dorfpolizist, der die Familien auf ihrem Weg ins Emsland begleitete, hatte in einem kleinen Bündel auch die wertvolle Amtskette des Emder Rathauschefs im Gepäck, weil die Kette in der Stadt nicht mehr sicher war.

Kurze Zeit später wurde Renkenberge von durchziehenden Soldaten geplündert, erinnert sich der heute 82-jährige Josef Woppe. „Die durchsuchten die Häuser nach allem Wertvollem.“ Der Dorfpolizist erkannte die Gefahr, packte die Amtskette und warf sie in die Dachrinne eines der Wohnhäuser. Dort blieb sie völlig unbemerkt, bis die Plünderer wieder abgezogen waren.

In dieser Zeit sind auch viele Flüchtlinge aus der Ukraine ins Dorf gekommen, die heute wichtiger Bestandteil der Dorfgemeinschaft sind. „Die Vereine sind das Wichtigste bei uns im Dorf“, weiß Bürgermeister Heinrich Bojer (CDU), der seit mittlerweile zwölf Jahren an der Spitze des 700-Einwohner-Ortes steht. „Wir sind keine reiche Gemeinde, aber wir sind schuldenfrei, und bei uns packt jeder mit an. Und deshalb ist unser Dorf so lebenswert.“ Vielleicht kursierte auch deshalb unter früheren Pastoren der Witz: Niemand will nach Renkenberge. Aber sind sie erst mal da, will keiner mehr weg.

Die einzige Kneipe des Dorfes hat zwar vor einigen Jahren geschlossen, aber nebenan gibt es den Lebensmittelladen, in dem Monika Brunsen die Renkenberger mit den wichtigen Dingen des Alltags versorgt. In dem kleinen Laden gibt es eigentlich alles – frisches Brot, alles für den Kühlschrank und natürlich die Tageszeitung. „Wir sind dankbar, dass wir dieses Angebot haben“, betont der Bürgermeister.

Dass die Gemeindestraßen rund um Renkenberge in einem so guten Zustand sind, ist auch dem Wegebauverein zu verdanken. „Das ist eine Besonderheit unseres Dorfes“, erklärt der Vorsitzende Hermann Kaiser. Jeder Haushalt in Renkenberge zahlt pro Jahr 30 Euro in eine sogenannte Wegekasse ein. Die Landwirte beteiligen sich zusätzlich je nach Größe ihrer Felder. Mit dem Geld aus dieser Kasse werden dann die Wege rund um das Dorf unterhalten.

Die weiten, flachen Felder rund um Renkenberge lassen kaum vermuten, dass der Ortsname tatsächlich auf einen Berg zurückzuführen ist: Der Name Renkenberge wurde nämlich abgeleitet von einem kleinen Berg, einer Anhöhe, die 26 Meter über dem Meeresspiegel lag. Dieser kleine Hügel lag auf den Feldern eines Bauern namens Renken – darauf entstand eben Renkenberge. Von dem namensgebenden Berg ist allerdings heute nichts mehr zu sehen. Vor einigen Jahrzehnten wurde der kleine Berg sprichwörtlich dem Erdboden gleichgemacht.

Mit seinen rund 250 Mitgliedern gehört der Sportverein Blau-Weiß Renkenberge zu den wichtigsten Vereinen im Ort. Der Verein hat seit seiner Gründung 1956 eine tolle Entwicklung erlebt. Im Frühjahr nächsten Jahres werden die Sportler ein komplett renoviertes, modernes Vereinsheim einweihen, freut sich der stellvertretende Vorsitzende Alwin Illenseer.

Vor rund 70 Jahren war Renkenberge sogar schon einmal Filmkulisse. Ein Kamerateam der damaligen Wochenschau, der wichtigsten Nachrichtensendung der Nazi-Zeit, dreht einen Film über ausgebombte Flüchtlinge, die in Renkenberge Zuflucht fanden. Der Filmausschnitt zeigte ein schmuckes Haus, in das die Flüchtlinge einzogen. Der Ofen war geheizt, und die geernteten Salatköpfe standen in der Küche. Mit der Wirklichkeit des Krieges hatte dieser Propaganda-Film aber nichts gemein.

Der Ort Renkenberge entstand aus ehemaligen Sumpf- und Moorgebieten, die zur Bewirtschaftung abgebrannt wurden. Daraufhin konnten nun neue junge Heuerleute oder Bauernsöhne, die nach der Erbfolge keinen Grundbesitz zu erwarten hatten, eine eigene Hofstelle beziehen. Diese ersten Siedler bekamen das unwirtliche Land aber nicht geschenkt, sondern mussten es kaufen.Die meisten Siedler in der Gemeinde kamen aus der Region um Lingen. Jeder Landwirt erhielt Hofstellen von insgesamt 12 bis 15 Hektar. Insgesamt siedelten 33 Familien in Renkenberge. Seit Ende der 20er-Jahre versuchten jedoch schon einige wenige Siedler, das Land zu kultivieren. Heute gibt es noch etwa ein Dutzend Haupterwerbslandwirte im Ort.

Theaterspielen hat in Renkenberge eine lange Tradition. Über Generationen lässt sich die Schauspielerei im Dorf nachvollziehen. Am zweiten Weihnachtstag hebt sich wieder der Vorhang im Renkenberger Gemeindehaus. Dann spielt die Theatergruppe das Stück: „So ein Frisör hat’s schwör.“ Damit das Stück wie immer beim Publikum gut ankommt, haben die Laiendarsteller intensiv geprobt. Drei Monate wird zweimal pro Woche trainiert. Es hat sich bewährt, dass die Gruppe auf Hochdeutsch spielt. Auf Platt dauert es zu lange, bis im Publikum die Witze verstanden werden (Ems-Zeitung vom 11.12.2014, prin).