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Die Fischer atmen auf, Josef Dennenmoser tief durch: Sein Antrag auf den Bau eines Wasserkraftwerks am Emswehr in Düthe ist abgelehnt worden. Die Gefahr für das ökologische Potenzial der Ems sei zu groß, heißt es in der Ablehnung. Seit Jahren wird über die Pläne gestritten, noch immer ist kein Ende in Aussicht. Dennenmoser hat Widerspruch eingelegt und kündigt an: „Spätestens vor dem Europäischen Gerichtshof ist für den NLWKN Schluss.“

Das Emswehr bei Düthe: Eine Wasserkraftanlage zu installieren ist nach der NLWKN-Entscheidung kein Thema mehr – vorerst. Foto: Aloys Schulte

Das Emswehr bei Düthe: Eine Wasserkraftanlage zu installieren ist nach der NLWKN-Entscheidung kein Thema mehr – vorerst. Foto: Aloys Schulte

Willkür. Ahnungslosigkeit. Dummheit. Josef Dennenmoser findet einfache Worte für die Entscheidung des NLWKN (Niedersächsischer Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz). „Der mit der Errichtung der Wasserkraftanlage (WKA) verbundene Gewässerausbau kann nicht zugelassen werden, weil der Betrieb der WKA schädliche Veränderungen des ökologischen Potenzials des Gewässers erwarten lässt“, steht als Begründung in dem 17-seitigen Ablehnungsbescheid.

Mehr als sieben Jahre lang hat Dennenmoser auf diese Entscheidung gewartet. Seit August 2006 hat er viel Geld, viel Zeit und noch mehr Nerven investiert. Jetzt aufgeben? Mitnichten. „Ich sehe das sportlich“, sagt der 50-jährige Maschinenbau-Ingenieur aus Baden-Württemberg. Er will die Entscheidung juristisch anfechten, durch alle Instanzen, bis er recht bekommt: „Wasserkraft hat schon viele Tote hervorgebracht. Nicht weil sie gefährlich ist, sondern weil die Behörden die Leute in den Tod getrieben haben.“

Tod ist auch das Stichwort, das die Gegner von Wasserkraftanlagen ins Feld führen. Diese würden Fische töten. Entsprechend erleichtert zeigt sich der Landesfischereiverband (LFV) Weser-Ems über die Ablehnung der Pläne: „Die Ems ist hinsichtlich der Fische als Vorranggewässer eingestuft, weil sie aufgrund ihrer räumlichen Lage, ihrer Struktur und Wasserqualität eine überregionale Wanderroute für Fische zu ihren Laichplätzen darstellt“, schreibt der Verband in Reaktion auf die Entscheidung.

Kopfschütteln bei Dennenmoser: Die drei von ihm geplanten Anlagen, sogenannte Wasserkraftschnecken, würden den hindurchschwimmenden Fischen keinen Schaden zufügen. Zudem erhöhten diese Anlagen den Sauerstoffgehalt massiv, was dem Ökosystem zugutekäme. Ein Beckenfischpass sowie eine offene, naturnahe Rinne sollten neu gebaut werden, um den Fischaufstieg sicherzustellen. Der bestehende Beckenfischpass und der Aalpass sollten optimiert, der Ein- und Auslauf umgestaltet werden. Alles zum Wohl der Fische.

Doch die Angler hätten ihn nicht anhören wollen, obwohl er Vereine und Verbände angeschrieben habe, sagt Dennenmoser. „Ich mache doch nichts Schlechtes, ich mache etwas Gutes“, insistiert er. „Ich verbessere alles für die Fische. Es ist die reinste Dummheit, es spricht nichts gegen die Planung. Ich verbessere Fischauf- und -abstieg, ich produziere planbaren, sauberen Strom. Und das ist doch, was alle wollen.“

Nicht alle. Neben Fischerei- und Naturschutzverbänden nimmt auch die Landespolitik eine reservierte Haltung ein. Zwei FDP-Umweltminister hat Dennenmoser schon nicht überzeugen können und auch die neue rot-grüne Landesregierung ist skeptisch. Energiewende hin oder her. Wasserkraft spiele für die regenerative Energiegewinnung „nur eine geringe Rolle“, heißt es auf Anfrage aus dem Landesumweltministerium. Windkraft sei Trumpf. Und um die Ziele der Wasserrahmenrichtlinie der EU (WRRL) zu erreichen, die auch die Durchgängigkeit für Fische erhöhen soll, seien Wasserkraftanlagen nicht hilfreich: „Jede Wasserkraftnutzung, auch an bestehenden Stauanlagen, bringt jedoch, unter gewässerökologischen Gesichtspunkten betrachtet, eine Verschlechterung für das Fließgewässer mit sich.“

Kein Argument für Dennenmoser. Würde er das Emswehr bei Düthe umbauen dürfen, kämen mehr Fische durch als jetzt, sagt er. „Das wird die Behörde nicht bestreiten.“ Auch deshalb setze er auf die Wasserkraftschnecken, die es den Fischen leichter machten. 

Wie genau sich eine derartige Anlage auf die Fische auswirkt, das wird seit einigen Jahren im münsterländischen Rhede untersucht. Dort betreiben die Stadtwerke eine solche

Eine Wasserkraftschnecke: Ob fischfreundlich oder nicht, darüber gehen die Meinungen auseinander. Foto: Ritz-Atro

Eine Wasserkraftschnecke: Ob fischfreundlich oder nicht, darüber gehen die Meinungen auseinander. Foto: Ritz-Atro

Wasserkraftschnecke, die wissenschaftlich beobachtet wird. Eine Untersuchung im Sommer 2010, in Auftrag gegeben vom Landesfischereiverband Westfalen und Lippe, kommt zu dem Ergebnis: Fünf Prozent der stichprobenweise in Reusen hinter der Anlage gefangenen Fische waren tot. Nur jeder zehnte tote Fisch wies äußerliche Verletzungen auf. Die genaue Todesursache der anderen bleibt unbestimmt. Doch pauschal übernehmen kann man diese Ergebnisse für andere Standorte nicht, heißt es im Fazit.

Tut Dennenmoser den Fischen mit den Schnecken also etwas „Gutes“? Nein, sagt Olaf Niepagenkemper vom LFV Westfalen und Lippe: „An dem Standort kommen zurzeit keine Fische zu Tode. Wenn eine Anlage eingebaut wird, werden Fische sterben oder verletzt werden.“ Ergo: Keine Anlage – keine toten Fische. Außerdem: „Wenn eine Wasserkraftanlage zugelassen wird, öffnet man damit eine Schleuse, die man nicht wieder schließen kann.“ Immer mehr Anlagen würden entstehen. Und wenn bei jeder nur ein paar Fische sterben, seien die Auswirkungen für die Population am unteren Ende des Flusses fatal. „Die Ems ist ökologisch von so hoher Bedeutung, dass der Schaden, der dadurch bewerkstelligt wird, größer ist als der Nutzen.“

Derartige Widerstände wie in Niedersachsen habe er noch nicht erlebt, sagt Dennenmoser. Im Süden Deutschlands sei es einfacher. In vielen Gegenden werde hier seit Jahren Energie aus Wasser gewonnen, und Behörden sowie Fischer würden ihm nicht ständig Steine in den Weg legen.

Fragt man die dort allerdings nach der Meinung der Fischer zum Thema, unterscheidet sich diese nicht von der im Norden. „Wir haben massive Probleme mit Wasserkraftanlagen, wir kämpfen an allen Fronten dagegen an“, sagt Ulrich Krafczyk, Geschäftsführer des Fischereiverbands Schwaben.

Neben Düthe hat Dennenmoser auch in Versen einen Antrag auf Errichtung einer Wasserkraftanlage gestellt. Eine Entscheidung steht hier noch aus. Und Hanekenfähr bei Lingen? Dennenmoser winkt ab. „Das ist ein ganz eigenes Thema.“ (Ems-Zeitung vom 23.11.2013, Karsten Frei)